Kleinfang

Das passt ja wi d Fuscht uf z Eintä uz Oug uf z Angerä.

Mittwoch, 2. September 2009

Der Tod des...

Marat
am 13. Juli 1793
von Jaques-Louis David, 1973



























Uwe Barschel
am 9.Oktober 1987
aus dem "Stern", 1987

Beides historisch, beides Dokumentation, ob in der Form eines ästhetisierten Historiengemäldes mit Pietà-Anleihen oder in der Form eines nüchternen Pressefotos. Die zwei auffälligsten Unterschiede sind die Perspektive aus der man auf die Szene blickt und der Lichteinfall. So werden zwei verschiedene Wirkungen erzeugt. Bei David blickt man frontal auf die Figur in der Badewanne. Das Licht ist ein heller Schimmer, der besonders das Gesicht des Toten beleuchtet. Der Anblick des Bildes löst beim Betrachter ein Mitleidsgefühl aus. Bei Uwe Barschel ist die Perspektive so gewählt, dass man aus einem schrägen Winkel von oben auf die im Bad liegende Person schaut. Das Licht ist hell wie das Blitzlicht der Fotokamera. Dadurch wird ein Schockeffekt erzeugt. Weiter sind die Haltungen der Figuren stark aussagekräftig. Marat ist nach einer Pietà (der tote Jesus auf dem Schoss Marias) von Michelangelo zitiert, welche die selbe Haltung des rechten Arms zeigt. Das Gesicht ist dem Betrachter zugewendet, die Arme liegen offen da und geben den Körper des Toten frei. Die Figur wirkt schlaff und hilflos, die Opferrolle wird betont. Barschel hingegen ist in die Badewanne hineingedrückt. Sein rechter Arm ist nach hinten angewinkelt und verdeckt einen Teil des Gesichts der Leiche, welches zur Seite geneigt ist. Die gesamte Haltung der Figur wirkt seltsam verkrampft. Dazu ist bei Marat die Todesursache offensichtlich – Stichwunde in der Brust, Messer am Boden (ausserdem badete Marat aus gesundheitlichen Gründen und der Brief in seiner Hand stammt von der Mörderin, welche sich damit Zugang zu ihm verschaffte) –, bei Barschel sieht man weder Anzeichen einer gewaltsamen Einwirkung, noch Hinweise auf die Todesursache, und er liegt seltsamerweise samt Kleidern im Badewasser. Barschels Tod wird also als mysteriös dargestellt, während Jaques-Louis David den toten Marat als klares Opfer eines Verbrechens zeigt.