Kleinfang

Das passt ja wi d Fuscht uf z Eintä uz Oug uf z Angerä.

Mittwoch, 26. November 2008

Artikel Nr. 14 - Wow, Aldi Unterschiede zur Migros...!


Ich war heute zum ersten Mal im Aldi. Normalerweise gehe ich immer in die Migros, aber heute wollte ich wegen der Kälte ein bisschen Weg sparen und der Aldi war halt näher. Im Prinzip ist es ja egal, Supermarkt ist gleich Supermarkt, oder? Dass das nicht zwingend der Fall sein muss beweist schon die Tatsache, dass ich überhaupt einen Blogeintrag über Migros und Aldi mache. Denn: Aldi ist anders. Aldi konzentriert sich auf das Wesentliche. Das steht auf der Website und als ich das las, fand ich das eine sehr gute Erklärung für mein aufrüttelndstes Einkaufserlebnis seit meinen Marktbesuch in Bamako (Mali, Afrika) vor etwa 10 Jahren. 
Schon beim Aufsuchen des Ladens fällt mir ein gewisser Minimalismus auf. Es gibt bei der Filiale in Thun zwei Leuchtreklamen, die auf die Präsenz des Geschäfts aufmerksam machen, eine an der Frutigenstrasse und eine an der Talackerstrasse. Der Laden befindet sich im Untergeschoss des Eckgebäudes, doch das ist auf keinem der Schilder vermerkt, so dass ich zuerst den Eingang suchen muss. Im Treppenhaus, das dann nach unten führt gibt es gerade mal einen Schaukasten in dem auf einem Plakat alle aktuellen Sonderangebote abgebildet sind. Ich gehe nach unten (es gibt keine Rolltreppe) und komme in einen Raum, den man als Atrium bezeichnen könnte. Es gibt von da den Zugang zum Laden und zu der Tiefgarage, in die man auch gleich reinblickt. Sie besteht aus einem Raum ohne Säulen mit ungewöhnlich hoher Decke, alles Weiss gestrichen und hell beleuchtet. Dann gibt es da auch noch die Wägelistation. Ich ignoriere sie und gehe ins Geschäft hinein, wo ich bemerke, dass das eben ein Fehler war. Denn es gibt keine weitere Möglichkeit, ein Wägeli zu bekommen, wenn man einmal drin ist und es gibt auch keine Einkaufschörbli. Nochmals raus, Wägeli (gross und ohne Kindersitz) holen, wieder rein. Aaaalsooo,... ich brauche... Ich beginne, mir die angebotenen Produkte anzusehen. Es gibt alles nur einmal. Eine Sorte Müesliriegel, eine Sorte Tiefkühlspinat, eine Sorte Orangensaft, eine Sorte Milch, eine Sorte Naturejoghurt. Die Preise sind nur einmal am Regal angeschrieben, dieses besteht aus nicht mehr als einer Rückwand und schlichten Regalböden. Gemüse und Früchte sind in den Kartonschachteln, in denen sie angeliefert wurden auf einem simplen Podest ausgestellt. Da es Abend ist gibts nur noch wenig Auswahl. Hier wir wohl bloss einmal am Tag aufgefüllt. Dies erklärt auch, warum es so wenig Personal gibt, das einem im Weg steht und genau dort auffüllt, wo man etwas aus dem Regal nehmen möchte, wie das im Migros zum Leidwesen aller sowieso schon gestressten Kunden an der Tagesordnung ist. Wie ich mich so im Laden umschaue, fällt mir auf, dass ich über sämtliche Regale hinwegblicken kann. Schon vom Eingang vorne rechts aus sehe ich zum Käsekühlregal hinten links. Es ist, als wäre ich auf Nahrungssuche in die Tundra geraten. Sonst fühlte ich mich beim Einkaufen in der Migros eher wie David Livingstone im kongolesischen Dschungel. Undurchdringliches Dickicht, hohe Bäume, gefährliche Tiere, fleischfressende Pflanzen und tödliche Krankheiten.
Ich sammle also meine Einkäufe ein. Und das Sammeln, das will betont sein, einer der lebenserhaltenden Urtriebe des Menschen, kann man hier noch richtig ausleben. Nicht wie in der Migros, wo man so eine Riesenauswahl hat und es ein Wunder ist, wenn man bei dem überdimensionierten Angebot nicht in die unüberwindbarsten Entschiedungsschwierigkeiten gerät. Ja sind wir ehrlich, in der Migros werden einem die Dinge ja beinahe hinterher geschmissen. Man denke schon nur an die prall mit irgendwelchen Güezi, Schoggi und Täfeli gefüllten Fächer zwischen den beiden Rolltreppengeländern, wie man sie in allen zweistöckigen Migrosfilialen findet. Wenn die Migros das Schlaraffenland ist, wo einem die gebratenen Täublein in den Mund fliegen, dann ist Aldi die Realität, wo vor dem kulinarischen Vergnügen noch die Arbeit kommt. 
Ich schaue mich also um. Plötzlich fällt mir auf, dass es weder Radiogesäusel noch Druchsagen gibt. Das ist ja immer der höchste Grad an Peinlichkeit in der Migros: "Es isch wider Winter. Für gnue Wermi giz iz blickdichti Damänäilenschtrümpf im Zänerpack für numä 14. 90 Frankä! Chömet cho luege i üserä Ungerwöschabteilig!", gesprochen von einer montonen männlichen Langweilerstimme, die versucht ansteckend zu wirken.  Im Aldi, aber, ist es still. Offensichtlich gehört das Antreiben der Kauflust bei den Kunden durch die kontinuierliche Berieselung mit Musik oder Werbedurchsagen auch zu dem Unwesentlichen, das es laut Aldi-Website wegzulassen gilt. Die monatlichen Billaggebühren von 18. 65 Franken für den kommerziellen Radioempfang Kategorie I (1-10 Geräte) mögen sie hier nicht aufwenden. Aldi ist eine Ruheoase im stressigen Alltag der berufstätigen unteren Mittelschicht. Die Migros ist im Vergleich dazu eine Turnhalle, wo die Einkaufenden im Rhythmus temporeicher Musik von Regal zu Regal flitzen und ein Trainer ihnen hinterherschreit: "Du musst noch in die Kosmetikabteilung, bevor alle anderen dir die 3 für 2-Shampoos für unschlagbare 6. 90 Franken weggeschnappt haben!" Das Drehtürchen am Eingang zur Ladenfläche ist der Startblock, die Ziellinie ist die Kasse, und wems noch nicht schnell genug geht, der kann ja noch an eine Expresskasse gehen, sofern er nicht mehr als vier Artikel zu bezahlen hat, also nur eine Kurzstrecke gelaufen ist und nicht einen Marathon, wie alle anderen. 
Ich habe alles was ich brauche und gehe an die Kasse. Plastiksäcke kann man hier nur kaufen. Es gibt nur eine Sorte. Ich bezahle und gehe entspannt nach Hause mit der Meinung, dass ich noch nie so effizient eingekauft habe wie heute. Eben nur das Wesentliche. 

Dienstag, 11. November 2008

Artikel Nr. 13 - Verdreh mir den Kopf


Ich habe wieder einmal eine grundlegende Antwort zu einer meiner immerbrennden Fragen gefunden. Die Frage, ob ich jemals eine echte Revolution erleben werde. Mir gefiele einfach die Vorstellung, Teil eines für die Menschheit bedeutenden Umschwungs zu sein. "Ich habe es erlebt und nun mach ich es anders, genau wie alle anderen." Das hätte irgendwie ein gemeinsamkeitstiftendes Moment. Es muss ein tolles Gefühl sein, wenn man sagen kann: "Ich war beim Berliner Mauerfall dabei." Doch schon hier treffen wir auf Schwierigkeiten. Oft ist man nur indirekt beteiligt. Zum Beispiel haben wir alle kürzlich die Wahl des ersten schwarzen US-Präsidenten erlebt. Doch war ich als aussenpolitisch passive Schweizerin wirklich dabei? Ein anderes Problem ist, dass sich Revolutionen meistens nicht Schlag auf Schlag ereignen. Man denke an die Erfindung des Buchdrucks. Wie lange hat es gedauert, bis diese Innovation ihre Wirkung vollumfänglich entfaltet hatte? Ich würde darum behaupten, dass sich meteoriteneinschlagsmässige Revolutionen nur dann ereignen können, wenn sich vorher eine Situation zum Unerträglichen zugespitzt hat, z. B. beim Fall der Berliner Mauer. Dann muss ich mich aber glücklich schätzen, dass ich dies nicht erlebt habe, denn ich glaube, dass dieses Erlebnis den zuvor erfahrenen Schaden nicht ausgleichen kann. 
Glücklicherweise bin ich aber auf einer skizzenhaften Zeitreise durch meine eigene Entwicklungsgeschichte auf etwas gestossen, was mein Verlangen nach dem Miterleben einer Revolution zu einem grossen Teil befriedigte. Dazu muss ich eine grobe Definition davon wagen, was ich als Revolution bezeichne. Es ist eine Untergrabung  von bisher befolgten Prinzipien, das plötzliche Auftauchen einer entgegengesetzten und dennoch funktionierenden Art und Weise etwas zu tun, zu sehen, zu denken, zu gestalten und auch eine Befreiung aus festgefahrenen Normen, die neue Möglichkeiten in Aussicht stellt. Zu abstrakt? Nun, was ich mit dem Begriff meiner eigenen Entwicklungsgeschichte auftun wollte war, dass ich besonders als neugieriges Kind viele Dinge als Revolution im vorher beschriebenen Sinne erfahren habe. Ein schönes Beispiel ist mein Erleben von Musik. Meine ersten Begegnungen mit improvisierter Musik unterschieden sich dermassen von dem was ich bisher kannte, klassische Musik meiner Eltern und Kinderlieder, die so und nicht anders zu tönen hatten, dass diese Erfahrung bei mir hocheuphorische Gefühle auslöste. Es war schier unglaublich, dass der Gitarrist jetzt plötzlich einfach so irgendetwas spielt, was ihm gerade in den Sinn kommt und dass es auch noch gut tönt! So begann auch ich mit Musik zu experimentieren.
Nun, was lernen wir daraus, respektive, was ist das Grundlegende, das ich daraus erkannt haben will? Es ist, dass Revolutionen in unseren Köpfen statt finden und sie deshalb auch ganz klein und persönlich sein können. Dies impliziert natürlich auch, dass wir Revolutionen erst nachträglich erfahren und auch als solche erleben können.
Ich möchte noch anfügen, dass der aufmerksame Leser meines Blogs hier wieder die smeagolische Tendenz meines Charakters erkannt haben kann, diesen Drang zur "Schatzsuche" der mich in meinem Alltag stets begleitet, mit dem Ziel, etwas zu finden, das meine Neugierde befriedigt, mir irgendwelche Vorteile bringt, oder mich glücklich macht. Bestimmt ist die Jagd nach Revolutionen eine Ausprägung davon. Ich will die Revolution, ich suche sie, denn ich hoffe darin ein Stück von Glück, Reichtum und Erfüllung zu finden. Bin ich die einzige?