Kleinfang

Das passt ja wi d Fuscht uf z Eintä uz Oug uf z Angerä.

Donnerstag, 25. Februar 2010

Evolution














Was wäre, wenn Delfine Hände hätten? Hätten sie dann die Weltherrschaft an sich gerissen? Mir ist zu Ohren gekommen, dass Delfine nahezu so intelligent sind wie Menschen. Oder liegt ihr Unvermögen zur Machtübernahme lediglich darin, dass sich unter Wasser mangels Feuer keine Waffen und Rüstungen schmieden lassen?

Samstag, 16. Januar 2010

Das Glück in der Brieftasche

Das Pech hatte sich schon im Voraus angekündigt in Form eines 20-Euro-Scheins. Ich wusste, dass es wahrscheinlich schwierig werden würde, damit am Automaten ein Ticket für die Strassenbahn zu lösen. Mein Kleingeld reichte nicht aus, und beim Fahrer kann man in der Strassenbahn keine Fahrscheine kaufen. Möglicherweise wäre auch die Verabredung, bei der ich eben versetzt worden war, als Omen für die nahenden Probleme zu sehen gewesen. Jedenfalls war die Strassenbahn schon in Sichtweite, als ich den Fahrkartenautomaten mit meinem Geldschein fütterte und mich schon freute, dass dieser angenommen wurde. Doch da kam er wieder raus und die Strassenbahn immer näher. Ich sprach einen der Wartenden an, ob er mir wechseln könnte. "Waddn se mal..." Er grübelte in seiner Brieftasche, tischte Geld auf einen der Sitze im Wartehäuschen raus, aber es passte nicht. Da war die Strassenbahn da und mir war es unangenehm, den Herrn in diesem Moment zu beanspruchen. Es war schon spät und bitterkalt. Ich meinte zu ihm, er solle doch gehen. "Nänä, da lauf i hald no ä bissl", lachte er und ging zum Automaten um irgendwas zu versuchen, was dann doch nicht klappte. Das Tram war weg. Da drückte mir der Mann eine 2-Euro-Münze in die Hand. "Jä, da hab i höid ä guode Dag!", lachte er, winkte und grinste und verschwand in der Dunkelheit. Ich bedankte mich, sagte "Tschüss!" und steckte die Münze in den Automaten. Sie verschwand, die Maschine blinkte und piepste, dann war Stille. Kein Ticket, kein Rückgeld. Ich drückte auf sämtliche Knöpfe - nichts. Ich drehte mich um. Auf der anderen Strassenseite gab es ein Restaurant. Bis die Strassenbahn kam würde es noch reichen, dort meine Geldnote zu wechseln. Ich überlegte mehrmals, überquerte dann die Strasse und betrat das Lokal. Mein Schein wurde gewechselt und ich verliess das Restaurant wieder. Als ich an der Ampel wartete, fuhr dies Strassenbahn gerade ein. Da in diesem Moment sowohl die Fussgängerampel, wie auch die für die Fahrzeuge auf Rot standen, fürchtete ich, die Strassenbahn könnte den Vorzug bekommen und mir davon fahren, aber soviel Pech war mir dann doch nicht beschieden. Dennoch reichte es nicht mehr für einen neuen Versuch am Automaten. Geld für nichts gewechselt, ich fuhr "schwarz". Bezahlen konnte ich ja dann beim Umsteigen im Bus nochmals. Bei der nächsten Station stieg der Herr von vorhin ein. Ich liebäugelte damit, ein bisschen früher als nötig aufzustehen und ihm im Vorbeigehen mit einem Augenzwinkern von meinem Pech zu berichten. Aber ich hatte es mir dann doch anders überlegt. Seine selbstlose Spende würde dann so sinnlos erscheinen. Und er war doch so glücklich, mir ausgeholfen zu haben...

Mittwoch, 2. September 2009

Der Tod des...

Marat
am 13. Juli 1793
von Jaques-Louis David, 1973



























Uwe Barschel
am 9.Oktober 1987
aus dem "Stern", 1987

Beides historisch, beides Dokumentation, ob in der Form eines ästhetisierten Historiengemäldes mit Pietà-Anleihen oder in der Form eines nüchternen Pressefotos. Die zwei auffälligsten Unterschiede sind die Perspektive aus der man auf die Szene blickt und der Lichteinfall. So werden zwei verschiedene Wirkungen erzeugt. Bei David blickt man frontal auf die Figur in der Badewanne. Das Licht ist ein heller Schimmer, der besonders das Gesicht des Toten beleuchtet. Der Anblick des Bildes löst beim Betrachter ein Mitleidsgefühl aus. Bei Uwe Barschel ist die Perspektive so gewählt, dass man aus einem schrägen Winkel von oben auf die im Bad liegende Person schaut. Das Licht ist hell wie das Blitzlicht der Fotokamera. Dadurch wird ein Schockeffekt erzeugt. Weiter sind die Haltungen der Figuren stark aussagekräftig. Marat ist nach einer Pietà (der tote Jesus auf dem Schoss Marias) von Michelangelo zitiert, welche die selbe Haltung des rechten Arms zeigt. Das Gesicht ist dem Betrachter zugewendet, die Arme liegen offen da und geben den Körper des Toten frei. Die Figur wirkt schlaff und hilflos, die Opferrolle wird betont. Barschel hingegen ist in die Badewanne hineingedrückt. Sein rechter Arm ist nach hinten angewinkelt und verdeckt einen Teil des Gesichts der Leiche, welches zur Seite geneigt ist. Die gesamte Haltung der Figur wirkt seltsam verkrampft. Dazu ist bei Marat die Todesursache offensichtlich – Stichwunde in der Brust, Messer am Boden (ausserdem badete Marat aus gesundheitlichen Gründen und der Brief in seiner Hand stammt von der Mörderin, welche sich damit Zugang zu ihm verschaffte) –, bei Barschel sieht man weder Anzeichen einer gewaltsamen Einwirkung, noch Hinweise auf die Todesursache, und er liegt seltsamerweise samt Kleidern im Badewasser. Barschels Tod wird also als mysteriös dargestellt, während Jaques-Louis David den toten Marat als klares Opfer eines Verbrechens zeigt.



Mittwoch, 8. Juli 2009

Dr Zibusafer u dr Gängumäni

Si schtöh anerä Schtrass. "U wi wärs de wemer iz eso u när eso?" "Das hesch scho vorhär vorgschlagä u i ha der doch xeit das das nid geit." Dr Zibusafer überleit. "Aber..." "Nei, kes aber," seit der Gängumäni, "eso geits nid. Mir müesse haut angers ume, gschtochä oder ghouä." "Aber i wott doch numä..." "Iz geits haut nid, iz muesch haut eifach schpurä." "Aber,..." "Los, chum iz! Fertig gchlönet. Sakremänt..."

D Uschpantrine u der Huschuwädi

"Gang iz furt!", seit är u git erä ä Gingg mitem Eubogä. " I wott doch numä luege", mulet si. "E du chasch de es angers mau luege." "I wott aber iz!" Dr Huschuwädi verträit d Ougä u seit: "Nei, chum iz!" "Läck, wi blöd isch de dä!", dängkt d Uschpantrine u zottlet beleidiget u schtouz ab.

Dienstag, 7. April 2009

Die Lücke

Da gibt es eine Lücke. Eine Lücke zwischen dem, was man ist und dem, was man gerne sein möchte. Manchmal fällt man da hinein. Man ist dann ausser sich; Ausserhalb seiner aktuellen, realen und normalerweise akzeptierten Identifikation und auch ausserhalb seiner erwünschten, erträumten, vielleicht zukünftigen, idealen Identifikation. 
Ausser sich. Aus der Fassung. 
Nicht in einem von den eigenen Fähigkeiten und Eigenschaften gesteckten und von persönlichen Werten gesetzten Rahmen. Man verliert die Form, wird diffus, undifferenziert, ungehalten, ungerecht. Man ist nicht mehr sich selbst. In der Lücke, zwischen Stuhl und Bank. Ausser sich, aus der Fassung.

Und du hast mich aus der Fassung gebracht. Wie ich dich sah, wie du dagestanden hast, vor erwartungsvollen Augen und aufmerksamen Ohren, da fühlte ich diese Spannung. Wie ein unsichtbarer Faden zwischen uns. Ein Draht vielmehr, ein dicker Draht, elektrisch geladen. Und dann setzte der Rhythmus ein. Die ersten Akkorde klangen an und es war wie Seelenmusik; Mein Herzschlag war dein Takt. Die Spannung verstärkte sich und plötzlich durchzuckte es mich wie ein Stromschlag. In meiner kurzen Lähmung erkannte ich dich: Du warst, was ich war und auch, was ich nicht war und sein wollte. Du warst ich in Perfektion. 
Da war die Lücke. Und darin dieses heisse Gefühl. Und dann fingst du an zu singen und du sangst meine Gedanken, meine Gefühle mit deinen Worten; Alles, was ich immer sagen wollte und nie konnte. Es floss gleichsam aus dir heraus, so leicht, so klar, furchtlos. Ich bewunderte dich, ich war dir dankbar. Diese Last, die du von mir nahmst, wie du mich befreitest, mir eine Stimme gabst, mich um meine Mängel ergänztest. Ich fühlte mich verstanden, aufgehoben, eingeordnet, mit Wert und Sinn versehen. Doch dann begann ich zu zweifeln. Sangst du wirklich so leicht, oder einfach nur gleichgültig? Furchtlos oder respektlos? Klar oder herunterspielend? 
Da war sie wieder, diese Lücke und das  heisse, pulsierende Gefühl in ihr flammte von Neuem auf. Wie du da standest und sangst. Es war als flösse Starkstrom durch den Draht zwischen uns... Stromschlag. Du hieltest mein schlagendes Herz in deiner Hand, während du zu seinem Rhythmus weitersangst, meine Gefühle und meine Gedanken mit deinen Worten in dies dunkle Masse von blutgeilen Fremden schleudertest, sie verprasstest, verpufftest, entwertetest. Und dennoch, Bewunderung kam ein zweites Mal in mir auf. Diese Sicherheit, mit der du sangst. Und diese Augen, die dich anschauten, dein Bild aufsogen, diese Ohren, die dir lauschten. Dieser Respekt, diese Verehrung die dir zu Teil wurden. 
Aber wieso du? Du sangst meine Gedanken, meine Gefühle, erzähltest meine Geschichte. Und wie du es tatest; Wie eine Prostituierte führtest du sie vor diese schamlosen Augen und Ohren. Den Lohn behieltest du für dich. Ich war dir egal. Dein Blick verlor sich im Scheinwerferlicht, das die entgegenstrahlte. Du sonntest dich in deinem unverdienten Ruhm. Verblendet.
Die Entzündung in der Lücke schwoll an, wie ein gelber eitriger Abszess. Ich begann, dich zu hassen. Die Befreiung, die ich empfunden hatte schlug um in ein Gefühl der Enteignung. Es war, als hättest du mir die Haut abgezogen, so brannte es mich. Völlig entblösst, ausgestellt, schutzlos fühlte ich mich. In einem plötzlichen Akt meiner Verzweiflung packte ich wutentbrannt den Draht und riss ihn aus meiner Brust. Dieser stechende, schürfende Schmerz. Der Strom versengte meine Hände, die Haut spannte sich um die Brandwunden. Deine Stimme verklang, mit ihr die Musik, der Rhythmus ebbte ab. Du drehtest dich um und gingst von der Bühne. Der Applaus begleitete dich hinaus.
Mein lebloses Herz liesst du auf dem Boden zurück.

Strumming my pain with his fingers
singing my life with his words
killing me cruelly with his song
killing me cruelly with his song
telling my whole life with his words
killing me cruelly with his words
with his song.

Die Eiterbeule in der Lücke platzte und daraus floss zähflüssiger klebriger Neid.

Montag, 16. Februar 2009

Schnappschüsse aus Barcelona

Ich greife in meine Umhängebrieftasche und ziehe die Visitenkarte von einem Restaurant hervor. Vor wenigen Minuten habe ich dieses verlassen, nachdem ich dort äusserst köstlich gespiesen hatte. Im Ohr hängt mir immer noch das Stimmengewirr der Gäste, das sich mit den Klängen eines Klaviers und dem Geklapper aus der Küche mischte. Ich hatte alleine an einem Tisch sitzend drei Gänge verzehrt und Rotwein getrunken, die Leute beobachtend, die Atmosphäre in mich aufsaugend.
Jetzt stehe ich vor den Einlassschranken in der Metrostation. Ich stecke die Visitenkarte zurück. Denn was ich eigentlich herausnehmen wollte, war mein U-Bahn-Ticket.

"Du bist eine ernste Person, Isabelle", sagt er zu mir. Ich lache. "Es kommt darauf an", antworte ich und noch während ich das sage, finde ich, dass er, der mich erst seit wenigen Minuten kennt, eigentlich recht hat. Warum habe ich jahrelang das Gegenteil geglaubt?

"I've been in the banking business. I've retired lately. Now, I do all the things I'd have liked to do when I was your age. I always said: We should retire when we're thirty – for ten years and then go back to work. As I've said, I've retired recently from banking and just as I did so the stockmarket crashed. I told them: they shouldn't have let me go."

Ich will mir einen Schal kaufen und gehe zur Kasse. Dort fliegt mir ein spanischer Satz entgegen. "Em... I... don't speak Spanish", sage ich. "Is it a bressand?", fragt mich die Verkäuferin. "Em... No, no. It's for me." "For myself", denke ich, mich selbst korrigierend. Später fällt mir ein, dass ich "Yes", hätte sagen sollen, "but you don't need to wrap it up." Es ist ein Geschenk. For me, nein, myself.

Ich kaufe mir ein paar schwarze Leggings. Sie könnten mir noch etwas besser passen, aber ich will jetzt einfach welche haben. Doch kurz zuvor hatte ich noch etwas ganz anderes gewollt. Ich wollte zur Sagrada Familia gehen. Die Metrostation, welche ich benutzen wollte, wird aber soeben umgebaut und ich fand keinen anderen Zugang zu der U-Bahn-Linie die ich hätte nehmen müssen. Ich lief mehrere Male die Strasse hoch und wieder runter, verlor die Orientierung, fand sie wieder, weil ich merkte, dass ich an meinen Ausgangspunkt zurückgekehrt war. Ich ging über Fussgängerstreifen, wobei ich soeben die Unterführung darunter von der Seite her durchquert hatte, auf die ich nun wieder ging. Ich ging durch Gänge, die mich unterirdisch wieder die Strasse entlang zurückführten, die ich zuvor am Tageslicht gegangen war. Ich versuchte es zweimal beim selben Metroeingang, wobei ich jedesmal glaubte, nun endlich den richtigen gefunden zu haben. Ich drehte den Stadtplan in alle Richtungen, drehte mich um meine eigene Achse und dann auf dem Absatz um und ging in den Laden, in dem ich nun bin.

Picasso sagt mir nicht viel. Er könnte mir aber trotzdem mal verraten, was alle an ihm so toll finden.