Kleinfang

Das passt ja wi d Fuscht uf z Eintä uz Oug uf z Angerä.

Dienstag, 29. Juli 2008

Artikel Nr. 8 - Lebe deinen Traum - aber welchen?


Es ist mir in letzter Zeit aufgefallen, dass es möglich wäre, dass aus mir etwas ganz anderes geworden wäre, als es jetzt danach aussieht. In jedem Leben gibt es Momente, wo man eine Entscheidung fällt, oder eine Entscheidung für einen gemacht wird, welche dann auf die Zukunft eine prägende Wirkung hat. Beginnen wir am Anfang, respektive ungefähr da, wo ich in der Lage war, selbst Entscheidungen zu treffen. 
Ich wollte mit etwa vier Jahren gerne Ballett tanzen. Meine Eltern brachten mich also in einen Ballettkurs. Wenn dieses Unternehmen nun erfolgreich gewesen wäre, dann würde ich vielleicht heute noch Ballett tanzen  oder einen anderen Stil, vielleicht mehrere, ausüben. Ich wäre sehr sportlich und würde mich um eine professionelle Tanzausbildung bemühen. Oder das Tanzen wäre mein liebstes Hobby. Nun ist es aber nicht so gekommen. Nach der ersten Lektion hatte die Ballettlehrerin irgendwie genug und die Leitung des Kurses ging an eine andere Tanzlehrerin über, welche ihre Schüler aber nicht wahnsinnig gut im Griff hatte und ich deshalb wöchentlich einmal mit einer Gruppe wilder Kinder das Chaos zelebrierte. Gut. Weiter in meinem Leben. Ich hatte während meiner Schulzeit immer wieder ändernde Berufswünsche: Kindergärtnerin, Zahnärztin, Architektin, Papiertechnologin, Polizistin, Psychologin und irgendwann wollte ich Damenschneiderin werden. Dies hätte sehr gut passieren können, denn es war meine Alternative zum Gymnasium. Hätte ich also die Gymeraufnahmeprüfung nicht geschafft, wäre es wohl soweit gekommen. Ich plante, nach der Lehre an eine Designfachhochschule zu gehen und Modedesignerin zu werden. Womöglich wäre ich nun an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich und studierte Design. Möglich wäre es. Ich zweifle nicht an meinen grundlegenden Fähigkeiten, wenn ich sie früh genug in diese Richtung ausgebildet hätte. Aber eben, ich setzte meine schulische Laufbahn am Gymer Seefeld fort. Die nächste Entscheidung war das Schwerpunktfach. Bildnerisches Gestalten oder Musik. Beides interessierte mich etwa gleich stark. Ich entschied mich für Musik, da ich erst seit kurzem die Freude am Singen entdeckt hatte und mich die Möglichkeit lockte, gratis Gesangsunterricht zu erhalten. Bevor wir hier aber weitermachen, nochmals zurück zum Bildnerischen Gestalten. Hätte ich damals in den Tagen meiner Entscheidung zum Beispiel eine interessante Begegnung mit der bildenden Kunst gehabt, wäre die Wahl womöglich auf diesen Schwerpunkt gefallen. Und hätte ich BG gemacht, hätte mich mein Weg an viele verschiedene Orte hinführen können. Zum Beispiel trotzdem in den textilen Bereich, mein Interesse daran war ja noch recht frisch in dem Moment. Oder, wie später passiert, zum Kunstgeschichtsstudium. Oder ich hätte eine andere künstlerische Laufbahn eingeschlagen und an der HGKZ (Die dient mir jetzt als Ideendepot. Dort könnte man übrigens auch Tanz studieren...) ein gestalterisches Studium angefangen. So kam es aber nicht. Ich entschied mich für die Musik und begann intensiv zu Singen. Zunächst interessierte mich ein Studium des klassischen Gesangs. Eine Dozentin der Hochschule der Künste Bern riet mir aber bei einem Vorsingen davon ab. "Versuchs doch vielleicht an der Jazzschule", meinte sie. "Nie im Leben!", dachte ich. Jazz war mir fremd wie die Urbevölkerung des brasilianischen Urwalds. Naja, ich entwickelte schon bald andere Pläne. Am Ende des Gymers wollte ich nach Wädenswil am Zürichsee gehen und dort Facility Management (Betriebswirtschaft) studieren. Mich faszinierte die Vielseitigkeit, die das Studium und die späteren Tätigkeiten versprachen, welche sich alle im hauswirtschaftlichen Bereich bewegen. Allerdings musste ich nach drei Monaten als Tellerwäscherin in einem Restaurant feststellen, dass ich das Haushalten wohl besser als Hobby weiterführe. Es war mir zu wenig kreativ und zu körperlich anstrengend, sich dauernd mit Haushaltsgegenständen, der Instandhaltung von Geräten und Gebäuden und hauswirtschaftlichen Abläufen zu beschäftigen. Ich ging also für drei Monate nach England um ein bisschen zu verlüften, ohne grosse Vorstellung von der Gestaltung meiner nahen Zukunft. Als ich zurück kam, machte ich ein Praktikum beim Thuner Tagblatt und konnte es mir gut vorstellen, später mal als Journalistin zu arbeiten. Dafür musste ich aber sehr wohl ein Studium hinlegen und ich entschied mich eines schönen Frühlingstages im Jahr 2006, mehr oder weniger aus heiterem Himmel, zum Studium der Kunstgeschichte und der Germanistik. Zu Beginn des Studiums hatte ich aber immer noch keine Ahnung, was ich später mal damit anfangen wollte. Zumindest aber wollte ich nicht mein ganzes Leben an der Uni verbringen. Es kam aber im Sommer 2007 soweit, dass ich mich entschied, es doch noch mit dem Singen zu versuchen. Und diesmal nicht mit Klassik, sondern, o welcher Sinneswandel, mit Jazz, welcher mir in der Zwischenzeit ans Herz gewachsen war. Innerhalb von wenigen Wochen meldete ich mich am Konservatorium Bern zum Jazzgesangsunterricht an, ein paar Monate darauf sang ich in einer Band an der Thuner Musikschule. Meine Anstrengungen wurden schon bald mit erfolgreichen Auftritten und positiver Resonanz belohnt und ich schaffte schliesslich auch die Aufnahmeprüfung für den Vorkurs der Jazzschule, welcher nun in wenigen Wochen beginnt. Der Weg für die Zukunft als Sängerin scheint an diesem Punkt geebnet zu sein. Doch letztlich beschlichen mich ein paar Zweifel. Ich war nämlich auf einer Exkursion mit den Kunstgeschichtlern. Trotz anstrengendem 11-tägigem Programm riss meine Begeisterung für das Thema nicht ab und der Professor meinte sogar ganz vertraulich, ich mache das ja schon ganz gut, besonders in Anbetracht meiner doch erst recht kurzen Studienzeit von zwei Jahren. Vor einer Woche war ich dann noch an einer Besprechung mit einem meiner Dozenten, dem ich von meine musikalischen Plänen erzählte. Er meinte, er fände es sehr schade, wenn ich aufhören würde mit der Kunstgeschichte, ich sei ja so talentiert. Na toll. Und jetzt? Im Moment weiss ich nicht, wofür ich mich in gut einem Jahr nun definitiv entscheiden werde. Klar ist aber, wenn ich weiter studiere, dann will ich an der Uni forschen. Das hatte ich interessanterweise zu Beginn meines Studiums, wie breits erwähnt, nicht im Sinn. (Bemerken möchte ich aber an dieser Stelle, dass mich das Forschen und Entdecken schon in der Kindheit sehr gereizt hat. Hier schlägt sich auch wieder eine Brücke zum Smeagol in mir. Siehe Artikel Nr. 4.)
Aus Erfahrung, wie sich gezeigt hat, möchte ich mich jetzt aber nicht weiter aus dem Fenster lehnen und irgendwelche Prognosen über den tatsächlichen Ausgang meines Dilemmas anstellen. Fakt ist aber, dass es zwar schön klingt, viele Talente und die Wahl zu haben, es ist aber auch sehr anstrengend, dauernd zwischen seinen vielen Interessen und Möglichkeiten hin und her gerissen zu sein. Man kann nicht mehr als etwas zu hundert Prozent tun und wollen. Aber ebenfalls aus Erfahrung sage ich, dass sich dies alles schon irgendwie von selbst entscheiden wird, wenn die Zeit reif ist. In der Zwischenzeit träume ich halt doppelt: Von akademischer Ehre und künstlerischem Ruhm.

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